Am 14. April stieg die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock im nordostchinesischen Tianjin aus dem Regierungsflugzeug und startete damit ihren ersten Besuch in China seit ihrem Amtsantritt. Doch die Haltung der Grünen-Politikerin gegenüber China war während ihres Aufenthalts weiterhin eher verwirrend, insbesondere ihre Äußerungen zur Taiwan-Frage.
Bereits vor ihrem Besuch in China hatte Baerbock, die sich für eine so genannte „wertebasierte Außenpolitik“ einsetzt, wiederholt scharfe und kritische Äußerungen zur Taiwan-Frage getätigt.
Am 15. April traf Wang Yi, Mitglied des Politbüros des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei (KP) Chinas und Direktor des Büros der Zentralen Kommission für Auswärtige Angelegenheiten, mit Baerbock in Beijing zusammen und betonte dabei laut der Nachrichtenagentur Xinhua die Bedeutung der Taiwan-Frage. Baerbock entgegnete darauf, dass Deutschland die Bedeutung und Sensibilität der Taiwan-Frage für China verstehe und an der Ein-China-Politik festhalte.
Doch gerade als die chinesischen Medien anfingen zu glauben, Baerbock zeige in der Taiwan-Frage guten Willen gegenüber China, verriet die Top-Diplomatin gegenüber deutschen Medien, dass sie ihre chinesischen Gesprächspartner während ihres Besuchs vor einer militärischen Lösung der Taiwan-Frage gewarnt habe. Deutschland und die anderen G7-Staaten würden außerdem „nicht tatenlos zusehen“, wie die Taiwan-Frage militärisch eskaliere.
Während sie erklärte, dass Deutschland am Ein-China-Prinzip festhalte, warnte sie China also gleichzeitig davor, sich militärisch in die Taiwan-Frage einzumischen. Mit diesen Äußerungen widerspricht sich die Außenministerin eindeutig selbst und offenbart einen Mangel an Bewusstsein für die eigentlichen Ursachen der Taiwan-Frage.
Es gibt nur ein China auf der Welt, und Taiwan ist Teil Chinas. Die Lösung der Taiwan-Frage ist eine Angelegenheit der Chinesen selbst. Kein fremdes Land hat das Recht, sich in die Angelegenheit einzumischen.
Am 15. April betonte Wang Yi bei seinem Treffen mit Baerbock deshalb auch, dass „die Rückkehr Taiwans zu China ein wichtiger Teil der internationalen Ordnung nach dem Zweiten Weltkrieg war.“ Zu behaupten, dass die Ablehnung der sogenannten „Unabhängigkeit Taiwans“ eine Änderung des Status quo in der Taiwanstraße darstellen würde, bedeute automatisch, von der Ein-China-Politik abzuweichen und den Frieden und die Stabilität in der Taiwanstraße zu untergraben.
Ganz rational betrachtet sind Europa und Chinas Taiwan geopolitisch überhaupt nicht miteinander verflochten. Wie der französische Präsident Emmanuel Macron bei seinem China-Besuch jüngst gefordert hatte, sollte die EU ihre strategische Autonomie bewahren und kein „Vasall“ (oder Mitläufer) der USA sein und sich nicht in eine Konfrontation zwischen den USA und China über Taiwan einmischen. Macrons Äußerung wurde jedoch von einigen europäischen Pro-Amerikanern als Aushöhlung der atlantischen Partnerschaft kritisiert. Baerbock ist ebenfalls eine solche Pro-Amerikanerin in Deutschland, deren Haltung gegenüber China deshalb auch mit der der USA übereinstimmt.
Aber Deutschland sollte sich die Frage stellen: Kann man die USA wirklich als zuverlässigen Verbündeten betrachten? Im PRISM-Skandal wurde schon 2013 offensichtlich, dass auch die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel von den USA abgehört wurde. Kürzlich enthüllten weitere geleakte Dokumente aus dem Pentagon, dass die USA eine Reihe von Verbündeten - darunter Südkorea und Israel - ausspioniert und abgehört haben. Seit zehn Jahren führen die USA also wahllose Abhörmaßnahmen in der ganzen Welt durch.
Darüber hinaus hat die Ukraine-Krise Europa in eine beispiellose Energiekrise gestürzt, die durch die Explosion der Nord-Stream-Pipeline noch einmal verschärft wurde. Europa ist nun dazu gezwungen, Erdgas aus den USA zu kaufen, wobei die Preise um bis zu 154 Prozent gestiegen sind. Egal aus welcher Perspektive man schaut, scheinen die USA tatsächlich der größte Gewinner der Krise zu sein.
Während immer mehr Menschen die USA als Initiator des Nord-Stream-Zwischenfalls ausgemacht haben, schweigen die deutschen Regierungsvertreter jedoch weiter zu diesem Thema.
Am 27. März forderten China und Russland eine UN-Untersuchung des Bombenanschlags auf die Nord Stream-Pipeline. Außer Russland, China und Brasilien enthielten sich jedoch die übrigen 12 Mitglieder des Sicherheitsrats der Stimme und argumentierten, dass die schwedischen, dänischen und deutschen Untersuchungen „umfassend, transparent und unparteiisch“ durchgeführt worden seien und eine weitere UN-Untersuchung daher nicht notwendig sei.
Ein endgültiges Ergebnis der Untersuchung wurde jedoch erst mit Verzögerung erreicht, und es wurden überdies keine Einzelheiten der Untersuchung bekannt gegeben.
Mehr als ein Jahr nach Beginn der Russland-Ukraine-Krise sollten sich die europäischen Länder, einschließlich Deutschland, keine Illusionen mehr über die Rolle der USA in der Ukraine-Krise machen.
Das pro-amerikanische Lager, vertreten von Baerbock, ist jedoch scheinbar mehr denn je bestrebt, sich in die Taiwan-Frage einzumischen, wenn es schon nicht in der Lage ist, die Krise in der Ukraine, die für sie von unmittelbarem Interesse ist, zu lösen. Das läuft unweigerlich darauf hinaus, dass Europa den USA weitere Gefallen tut und sein eigenes Schicksal in die Hände dieses unzuverlässigen Unruhestifters legt.
China hatte im Gegensatz dazu stets eine unterstützende Haltung bei der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten eingenommen. Während seines Treffens mit Baerbock stellte Wang folglich klar: „China hat Deutschland bei der Verwirklichung der Wiedervereinigung unterstützt und hofft und glaubt, dass Deutschland auch Chinas große Sache der friedlichen Wiedervereinigung unterstützen wird.“
Wie Chinas Außenminister Qin Gang auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Baerbock sagte, werde die Welt heute immer fanatischer und neige zu Extremen. Und da sowohl das chinesische als auch das deutsche Volk für ihre Gelassenheit und Rationalität bekannt seien, sei es umso wichtiger, dass beide Länder gemeinsam darüber nachdenken, wie sie zum Weltfrieden beitragen können. Denn die Fehler und Tragödien der Geschichte dürften sich nicht wiederholen, mahnte Qin.