Fu Cong, der chinesische Botschafter der Europäischen Union (EU), betonte im Interview mit dem außenpolitischen Korrespondenten des New Statesman Bruno Macaes, dass die Beziehungen zwischen China und der EU vielschichtig seien und beide Seiten nicht zulassen sollten, dass die Ukraine-Krise ihre weitreichenden Beziehungen dominiere.
China setzte alles daran, um eine friedliche Beilegung der Ukraine-Krise zu ermöglichen, so Fu. Allerdings sei es unrealistisch, von China zu erwarten, dass es die selbe Position wie Europa einnehme.
„Ich halte es nicht für sinnvoll, Chinas Position in der Ukraine-Krise mit den bilateralen Beziehungen zwischen China und der EU zu verknüpfen, denn ich glaube nicht, dass dies China gegenüber fair und sinnvoll für die EU ist", Fu wörtlich.
Er wies darauf hin, dass sich Chinas von Europas Interessen unterscheiden würden. China habe sowohl mit der Ukraine als auch mit Russland gute Beziehungen. Weiter wies Fu Behauptungen zurück, dass Chinas 12-Punkte-Vorschlag eine pro-russische Haltung bestätige. Vielmehr trete China ganz klar für die territoriale Integrität aller Länder ein.
„Jeder, auch Russland, hat diese Botschaft verstanden. Es gibt also keinen Zweifel daran, dass China in dieser Frage irgendeine Seite duldet“, sagte er gegenüber dem britischen Magazin.
China ist bestrebt, den Frieden zu fördern, bekräftigte Fu. „Unsere Position ist klar und deutlich. Die Kämpfe müssen sofort aufhören, um das sinnlose Töten zu beenden.“ Dies sei laut Fu jedoch nicht die Position aller europäischen Länder. „Sie haben zum Frieden aufgerufen, aber dann Bedingungen gestellt.“
Auf die Frage, warum Beijing Russland in diesem Zusammenhang nicht verurteilt, sagte Fu, China habe einen eigenen diplomatischen Stil. „Ich denke, dass in diesem Stadium eine einfache Verurteilung das Problem nicht löst. Sie könnte den Spielraum für Diplomatie gar verringern. Wenn sich alle Länder auf eine Seite stellen, wer wird dann als Friedensvermittler auftreten? Das bedeutet aber nicht, dass wir Aktionen speziell in diesem Konflikt gutheißen.“
In Bezug auf die sogenannte De-Risking-Politik der EU gegenüber China sagte Fu, dass die europäischen Staats- und Regierungschefs der Öffentlichkeit genau erklären müssten, was „De-Risking“ bedeute. Wenn „De-Risking“ bedeutet, China aus den globalen Industrie- und Lieferketten zu verdrängen, insbesondere in Schlüsselbereichen, sei China entschieden dagegen, so Fu.
Weiter wies er darauf hin, dass laut eigenen Berichten weniger als ein Prozent der EU-Importe, bei denen man von einer starken Abhängigkeit Europas sprechen könnte, aus China stammen würden. Wenn die EU Bedenken wegen der Abhängigkeit von China in bestimmten Bereichen habe, sei es am besten, miteinander zu reden, fügte Fu hinzu.
„Abhängigkeit ist nicht gefährlich. Gefährlich ist es, die Abhängigkeit als Waffe einzusetzen. Wenn die EU den politischen Willen hat, ihre Bedenken zu zerstreuen, ist China bereit zu reden und eine Einigung zu erzielen", sagte der chinesische Botschafter.
Die EU diskutiert derzeit das elfte Sanktionspaket gegen Russland, wobei Quellen zufolge acht chinesische Unternehmen auf der Liste stehen.
Im Interview forderte Fu die EU auf, stichhaltige Beweise vorzulegen, dass diese chinesischen Unternehmen an Aktivitäten beteiligt sind, die die EU-Sanktionen gegen Russland umgehen könnten bzw. umgangen haben. „Soweit ich weiß, zielt diese elfte Sanktionsrunde hauptsächlich darauf ab, eine Umgehung zu verhindern. Wenn die EU-Seite Beweise dafür hat, dass chinesische Unternehmen in derartige Aktivitäten verwickelt sind, dann müssen sie uns Beweise liefern“, sagte er. „Die EU sagte, sie hätten einen starken Anstieg bei der Einfuhr bestimmter Waren festgestellt. Dafür kann es aber legitime Gründe geben, oder nicht?“ Allerdings hat die EU es abgelehnt, diese Angelegenheit auf kooperative Weise zu lösen und nicht weiter darauf reagiert, sagte Fu.
China habe laut Fu keine militärischen Ausrüstungen an Russland geliefert und sei bei Gütern mit unterschiedlichen Verwendungszwecken äußerst vorsichtig, so Fu.
China sei nach wie vor grundsätzlich gegen einseitige Sanktionen, die sich nicht auf internationales Recht oder auf die Genehmigung von Resolutionen des UN-Sicherheitsrates stützten, und insbesondere gegen die extraterritoriale Gerichtsbarkeit. Gleichzeitig warnte Fu auch vor Chinas harter Reaktion, falls die EU Sanktionen gegen chinesische Unternehmen verhängt, ohne Beweise zu liefern.