Messebesucher inspizieren während der Internationalen Automobilausstellung 2023, IAA MOBILITY 2023, in München einen AVATR 12. (Foto vom 5. September 2023 /Xinhua/Zhang Fan)
Chinas Elektroauto-Industrie gewinnt mit wettbewerbsfähigen Preisen, fortschrittlicher Technologie und Sicherheitsausstattung in Europa an Boden. Es liegt aber noch ein langer Weg vor den Herstellern, um ihre Marken zu etablieren und ihre Marktposition zu festigen.
Mit ihrer Spitzentechnologie, neuartigen Vermarktungsmodellen und wettbewerbsfähigen Preisen ist Chinas Elektrofahrzeugindustrie sowohl auf europäischer als auch auf globaler Ebene auf der Überholspur.
Marken wie BYD, NIO, Xpeng, Hongqi und Lynk & Co machen sich in Europa auf Automessen, in Showrooms und auf der Straße einen Namen. Nach Angaben des Autoberatungsunternehmens Inovev waren acht Prozent der in diesem Jahr bisher in Europa verkauften neuen Elektrofahrzeuge (EV) chinesisch, gegenüber sechs Prozent im Jahr 2022 und vier Prozent im Jahr 2021.
Auf der diesjährigen Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in München präsentierten mehr als 70 chinesische Automobilhersteller und Zulieferer ihre Produkte und Dienstleistungen.
Mehr als Wettbewerbsfähige Preise
In China hergestellte Elektrofahrzeuge gewinnen in Europa nicht nur aufgrund ihrer äußerst wettbewerbsfähigen Preise an Bedeutung.
„Chinesische Autobauer sind zu globalen Automobilkonzernen geworden“, erklärte Eric Louwman, Präsident der niederländischen Louwman Group, eines der größten Automobilunternehmens Europas. Besonders die Qualität und fortschrittliche Technologie chinesischer Marken hebt Louwman hervor.
BYD hat die die Louwman Group im Oktober 2022 zum nationalen Händlerpartner ernannt und ein BYD-Verkaufsgeschäft in den Niederlanden eröffnet. Als weltweit zweitgrößter Hersteller von Elektrofahrzeugen verfügt BYD mittlerweile über mehr als 140 Verkaufsstellen in Europa.
Besucher auf dem BYD-Stand auf der Internationalen Automobilausstellung IAA MOBILITY 2023 in München am 8. September 2023. (Xinhua/Zhang Fan)
Neben BYD haben andere chinesische EV-Marken wie NIO, Chery, Great Wall Motors und Lynk & Co in den letzten Jahren Höchstbewertungen vom European New Car Assessment Program erhalten, einem unabhängigen Institut, das ein Fünf-Sterne-Bewertungssystem entwickelt hat, um den Verbrauchern einen Einblick in das Sicherheitsniveau von Neuwagen zu geben.
Aber die chinesischen Hersteller punkten nicht nur in Sicherheitsfragen. Um die Verbraucher in Europa für sich zu gewinnen, setzen Chinas EV-Marken auch besonders auf Innovationen in der Batterietechnologie.
So können mit den Power-Swap-Stationen von NIO leergefahrene Fahrzeuge in nur etwa drei Minuten mit einem frischen, voll aufgeladenen Batteriesatz versorgt werden. Eine Station kann 312 Wechselvorgänge pro Tag durchführen. NIO hat bereits 20 solcher Stationen in ganz Europa eingerichtet und baut dieses Netz weiter aus.
Der Service sei in Europa „sehr beliebt“, erklärt Chen Chen, Leiter der Abteilung für europäische Geschäftsentwicklung bei NIO gegenüber Xinhua. 98 Prozent der NIO-Nutzer in Europa ziehe es vor, Batterien zu mieten, um von dem Service zu profitieren. Bei jedem Tausch werde eine automatische Überprüfung der Batterie und des elektrischen Systems durchgeführt, erläutert Chen.
Auch bei der Forschung und Entwicklung von Automobilsoftware geben die chinesischen Automobilhersteller das Tempo vor. Das werde dazu beitragen, dass chinesische Elektrofahrzeuge eine schnelle Entwicklung auf dem europäischen Markt einleiten, erklärt Ferdinand Dudenhoeffer, Direktor des deutschen Zentrums für Automobilforschung (CAR) in Duisburg.
Lynk & Co. fördert den Verkauf seiner Fahrzeuge mit frischen Vermarktungsmodellen. Das Unternehmen hat einen monatlichen Abonnementdienst eingeführt, der es registrierten Kunden ermöglicht, ihre Fahrzeuge mit anderen Mitgliedern zu teilen, um Kosten zu sparen.
Eine Montagewerkstatt von Lynk & Co in Yuyao in der ostchinesischen Provinz Zhejiang am 11. April 2023. (Xinhua/Weng Xinyang)
Bis Juli 2023 hatte der Dienst fast 230.000 Abonnenten in Europa, von denen über 20 Prozent die Carsharing-Plattform genutzt haben.
Die Professionalität chinesischer Marken habe die Besucher der IAA, die ja immerhin eine Weltklasse-Mobilitätsmesse ist, sehr beeindruckt, erklärt Peter Fintl, Vice President of Technology and Innovation bei Capgemini Engineering.
„Jeder hier auf der IAA freut sich, so viele chinesische Marken hier zu haben“, sagt Fintl.
Besucher am Stand des chinesischen Automobilherstellers Xpeng auf der Internationalen Automobilausstellung IAA MOBILITY 2023 in München (Foto vom 5. September 2023 /Xinhua/Ren Pengfei)
Mehr Potenzial, das es zu erforschen gibt
Unterstützt durch eine robuste Industriekette und kontinuierliche technologische Innovation haben chinesische Elektroauto-Marken die Anerkennung von europäischen Verbrauchern, Händlern und Brancheninsidern gewonnen. Trotzdem haben sie noch einen weiten Weg vor sich.
Anders als die Schwellenländer verfügt Europa über die etabliertesten Automarken mit treuen Kunden. Aber auch japanische und koreanische Autohersteller haben sich hier bereits stark etabliert.
Einige Händler erklären gegenüber Xinhua, dass chinesische Elektroauto-Unternehmen mehr daran arbeiten müssen, Markenbekanntheit aufzubauen, Vertriebskanäle zu erweitern und das Vertrauen der Verbraucher in Europa zu gewinnen. Die Erschließung eines neuen Marktes bedeutet auch, dass höhere Kosten anfallen, andere Vorschriften zu beachten sind und dass man sich mit kulturellen Unterschieden auseinandersetzen muss.
Andere Autohändler betonen jedoch, dass chinesische Elektrofahrzeuge in Europa einen guten Start hingelegt hätten, indem sie ein hochwertiges Markenimage aufgebaut haben. Diese Händler sehen für die chinesischen Hersteller vor allem das Potenzial, zu wachsen und zu expandieren.
Besucher interessiren sich für ein Auto mit neuer Energie, das von FAW Hongqi während der 14. China-Nordostasien-Expo in Changchun in der nordostchinesischen Provinz Jilin am 23. August 2023 ausgestellt wurde. (Xinhua/Zhang Nan)
Im Jahr 2021 führte die chinesische Marke Hongqi ihr elektrisches Sports Utility Vehicle (SUV) E-HS9 in Norwegen ein. Ein Jahr später wurde das Modell zum meistverkauften chinesischen Elektrofahrzeug des Landes.
Der SUV wurde von Verbrauchern und den Automobilmedien für seinen Komfort, sein luxuriöses Zubehör und den erschwinglichen Preis gelobt, erklärt Knut Aas, CEO des lokalen Hongqi-Händlers HBI Norge AS.
„Mit dem Versuch, sich auf dem europäischen Markt zu etablieren, schaffen chinesische Automobilhersteller neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit“, sagt Holger Klein, Vorstandsvorsitzender des deutschen Automobilzulieferers ZF.
„ZF möchte über das gesamte Produktspektrum hinweg kooperieren", erläutert er.