Die zweite Phase des Atomkraftwerks Zhangzhou in Zhangzhou in der Provinz Fujian im Bau am 22. Februar. Im Rahmen des Projekts werden Hualong One-Reaktoren, im Inland entwickelte Reaktoren der dritten Generation, verwendet. (Foto von Xinhua)
Die Kernenergie hat Fachleuten zufolge ein enormes Potenzial, die Entwicklung von grünem Strom in China voranzutreiben, und sollte nach Ansicht der nationalen Gesetzgeber, politischen Berater und Branchenexperten deshalb in das Ökostrom-System des Landes für eine kohlenstoffarme Entwicklung aufgenommen werden.
Atomstrom sollte in China als Ökostrom zertifiziert werden, da der wachsende Kraftwerkspark mit Atomkraft in China in der Lage ist, über 160 Milliarden Kilowattstunden Strom pro Jahr zu liefern, erklärt Yang Changli, Vorsitzender der China General Nuclear Power Group (CGN), Chinas größtem Atomkraftbetreiber nach installierter Kapazität.
„Die Einbeziehung der Kernenergie in das Ökostrom-Zertifikatsystem kann dazu beitragen, eine maßgebliche Zertifizierungsplattform für die umweltfreundlichen und kohlenstoffarmen Eigenschaften der Kernenergie bereitzustellen und die Kaufanforderungen des Marktes zu erfüllen“, erörtert Yang, der auch Mitglied des Landeskomitees der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes (PKKCV) ist.
China hat 2017 ein Zertifizierungssystem für Ökostrom eingeführt, um die Transformation und Entwicklung grüner und kohlenstoffarmer Energie zu fördern. Wind- und Solarstromwerke werden zertifiziert und erhalten daher eine Prämie im Strommarkthandel.
Während mehrere Länder in Europa und den Vereinigten Staaten die Kernenergie, als stabile, zuverlässige und hochwertige grüne und kohlenstoffarme Stromquelle, auf politischer oder Umsetzungsebene in die Kategorie des grünen Stroms aufgenommen hätten, sei sie in Chinas grünes Zertifizierungs- und Ökostromsystem noch nicht aufgenommen worden, was sie zur einzigen nichtfossilen Energiequelle mache, die aus dem System ausgeschlossen sei, erklärte Yang.
Die Tatsache, dass Atomkraftwerksbetreiber keinen Zugang zu einer offiziellen Ökostromzertifizierung haben, hindere sie daran, die steigende Marktnachfrage nach grünem Strom zu befriedigen. Das schränke das Angebot an Ökostrom ein, erklärte der CGN-Vorsitzende.
„Die Einbeziehung der Kernenergie in das Handelssystem für Ökostrom würde nicht nur der Umwelt zugutekommen, sondern auch der Produktivität eine neue Form verleihen, um die qualitativ hochwertige Entwicklung des Landes zu unterstützen“, sagte er.
„Das könnte auch die Begeisterung für den Kauf von Kernenergie steigern, die Wettbewerbsfähigkeit der Kernenergie auf dem Strommarkt verbessern und gleichzeitig die effektive Realisierung des kohlenstoffarmen Wertes der Kernenergie fördern“, gibt sich Yang überzeugt.
Laut CGN hat die Situation der Kohlenstoffreduzierung im In- und Ausland zu einem kontinuierlichen Anstieg der Nachfrage nach grünem Strom von verschiedenen Unternehmen geführt. Die Einbeziehung der Kernenergie könne die Beschränkungen bei der Versorgung der Gesellschaft mit Ökostrom erheblich verringern, heißt es.
Nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde hat Strom aus Kernkraftwerken die geringsten Kohlenstoffemissionen unter den erneuerbaren Energiequellen: Eine kWh Strom aus Kernkraft emittiert demnach nur 5,7 Gramm Kohlenstoffemissionen, bei Sonnenenergie sind es den Angaben zufolge 74,6 Gramm, bei Wasserkraft 64,4 Gramm und bei Wind 13,3 Gramm.
Auch der stellvertretende Generaldirektor der China National Nuclear Corp und Mitglied des Nationalen Komitees der PKKCV, Lu Tiezhong, fordert die Aufnahme von Strom aus Kernkraft in das Ökostrom-Zertifizierungssystem des Landes.
Obwohl China auch nach Anzahl der im Betrieb befindlichen Kernkraftwerke bald der größte Kernenergienutzer der Welt sein werde und das Land die Grundlage habe, die Entwicklung der globalen Kernenergiebranche anzuführen, werde der Wert der Kernenergie im derzeitigen Ökostromhandel nicht anerkannt, erklärt Lu.
Die beschleunigte Einbeziehung von Kernenergie würde dazu beitragen, Chinas Übergang zu einem grünen und kohlenstoffarmen Energiemix zu fördern und gleichzeitig seine qualitativ hochwertige Entwicklung zu unterstützen, argumentiert er.
Die installierte Gesamtleistung der in China in Betrieb befindlichen und im Bau befindlichen Kernkraftwerke übersteigt den Angaben der China Nuclear Energy Association zufolge 100 Millionen Kilowatt, was 21,2 Prozent der weltweiten Gesamtleistung entspricht.
Zum Ende des letzten Jahres waren in China 55 Atomkraftwerke in Betrieb, die 4,86 Prozent des gesamten Jahresstroms erzeugten, was einer Vermeidung von Kohlendioxidemissionen um 323,3 Millionen Tonnen entspricht.
China will seinen Kernenergiesektor im Rahmen eines umfassenderen Vorstoßes für erneuerbare Energien und inländische Energiesicherheit ausbauen. Die China Nuclear Energy Association erwartet nach eigenen Angaben, dass die Kernenergie bis 2035 etwa zehn Prozent und bis 2060 mit einer Gesamtkapazität von 400 Gigawatt rund 18 Prozent zur Stromerzeugung des Landes beitragen wird.