von Wang Ran
Während in vielen Medien häufig von Decoupling oder Derisking die Rede ist, blicken viele Unternehmen ganz anders auf den chinesischen Markt. Hier äußern sich einige von ihnen über die riesigen Chancen, die sie in China weiterhin sehen.
Archivbild von Shanghai (Foto: Xinhua)
Im diesjährigen Tätigkeitsbericht der Regierung wird vorgeschlagen, „die Öffnung nach außen hohen Niveaus zu erweitern und den gegenseitigen Nutzen und den gemeinsamen Gewinn zu fördern.“ Dafür wird eine Reihe von Maßnahmen erwähnt, wie z. B. „stärkere Anziehung auswärtigen Kapitals“. In einem Interview mit China.org.cn betonten mehrere Vertreter ausländischer Unternehmen, dass sie die Chancen in China nutzen wollen.
Verbesserung des Geschäftsumfeldes in China
China habe sich dazu verpflichtet, das Geschäftsumfeld für ausländische Investitionen zu verbessern. Dazu sagte Yu Feng, Präsident von Honeywell China: „In den letzten Jahren hat China das Geschäftsumfeld kontinuierlich optimiert, was Chinas Entschlossenheit zeigt, seine Öffnung weiter voranzutreiben.“
Lars Anke, Hauptvertreter der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), äußerte sich ganz ähnlich: „Hier hat sich die Situation über die Jahre deutlich verbessert. Mit Chinas Beitritt zur Welthandelsorganisation [WTO] sind auch der Marktzutritt und das Investitionsumfeld planbarer und transparenter geworden.“
Wang Hao, Präsident von Siemens Healthcare Greater China, zeigte sich ebenfalls tief beeindruckt von der Verbesserung des Geschäftsumfelds: „Die Erfolge, die wir in den letzten drei Jahrzehnten in China erzielt haben, sind auf die kontinuierliche Reform und Öffnung Chinas sowie auf die Optimierung des Geschäftsumfelds zurückzuführen. Die Reihe neuer politischer Maßnahmen, die im vergangenen Jahr veröffentlicht wurden, zeigt die feste Überzeugung der chinesischen Regierung, sich weiter nach außen zu öffnen und aktiv ein erstklassiges, marktorientiertes, rechtsstaatliches und international kompatibles Geschäftsumfeld zu schaffen. Das schafft starkes Vertrauen für ausländische Unternehmen wie Siemens Healthcare, weiterhin den chinesischen Markt zu erschließen.“
Stärkung der lokalen Innovationskraft
Zhang Lihua, Präsident von Webasto China, erklärte, dass lokale Innovationen der Kern der Geschäftsexpansion von Webasto seien. Mittlerweile seien bereits viele innovative Lösungen des chinesischen Teams für Forschung und Entwicklung (F&E) von Webasto kundenorientiert, und wenn ein Projekt auf Kundenseite erfolgreich verlaufe, könne es anschließend unkompliziert auf den gesamten chinesischen und sogar globalen Markt ausgeweitet werden. „Das unterscheidet sich grundlegend vom ursprünglichen Modell, standardisierte Produkte in China einzuführen und dann lokal anzupassen!“
„Innovation kann nicht durch Alleingänge gelingen. Nur durch den Aufbau eines sinnvollen Ökosystems für Innovation und Zusammenarbeit, das auf hohen Wert basiert, können wir die tiefe Integration der Industrie- und Innovationskette fördern, so dass immer mehr Innovationen in die medizinische Praxis umgesetzt werden können“, so Wang von Siemens.
Yu meinte, dass Honeywell nicht nur durch zusätzliche Investitionen in F&E oder die Unterstützung der lokalen Lieferketten und weitere Möglichkeiten die Chancen des chinesischen Marktes vollständig nutze. Darüber hinaus werde durch eine proaktive Talent-Politik in China auch versucht, eine Art „Elite-Team“ aufzubauen, um die lokale Innovationskraft zur Förderung des Wachstums in China zu stärken. „Derzeit machen die in der Forschung und Entwicklung in China tätigen Mitarbeiter ein Viertel der Gesamtbelegschaft von Honeywell in China aus. Die überwiegende Mehrheit der Umsatzerlöse von Honeywell in China stammt aus Produkten, die von lokalen Teams selbst entwickelt und hergestellt werden.“
Gemeinsame Bewältigung der Herausforderungen
Aufgrund einer Reihe politischer Faktoren sind häufig Forderungen wie „Abkopplung“ (Decoupling) zu hören. Viele ausländische Unternehmen sind jedoch in Wahrheit fest entschlossen, den chinesischen Markt weiter zu erschließen.
Anke erklärte dazu: „Die Bedeutung der globalen Lieferketten und auch ihre Anfälligkeit wurde uns in den vergangenen Jahren deutlich vor Augen geführt [... ] Die Störung oder gar Unterbrechung der Lieferketten hat sehr direkte und fatale Auswirkungen auf die Menschen in der ganzen Welt. Die Globalisierung der letzten Jahrzehnte hat unzählige Menschen auf der Welt aus der Armut geholt und zu Wachstum und Wohlstand beigetragen. Diesen Weg auf Augenhöhe und einem ‚Level Playing Field‘ weiterzugehen ist wichtig und richtig.“ Es sei geboten, Lieferketten und Versorgungssysteme krisenfest aufzustellen, um Risiken für Wirtschaft und Gesellschaft zu minimieren. Entscheidend hierbei sei ein offener und ehrlicher internationaler Dialog, sowohl in Politik als auch in der Wirtschaft, sagte Anke.
„Wir erleben eine Zeit, in der sich wachsende globale Herausforderungen mischen mit gleichzeitig wachsenden Herausforderungen in den Gesellschaften und Volkswirtschaften“, sagte Rudolf Scharping, ehemaliger Verteidigungsminister der Bundesrepublik und heute Präsident der Rudolf Scharping Strategie Beratung Kommunikation (RSBK) AG. Deswegen forderte der SPD-Politiker mehr internationale Zusammenarbeit, die auf gemeinsamen Standards und Regeln beruht.
Abschottung und jede andere Schwächung der internationalen Zusammenarbeit bedeuten ihm zufolge letztlich eine gefährliche Mischung aus politischem Nationalismus und wirtschaftlichem Protektionismus. Damit drohe eine Schwächung von Weltwirtschaft und Welthandel, die auch die Antworten auf die wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen in den Gesellschaften erschwere. „Deutschland und China haben daran kein Interesse - im Gegenteil. Zehn Jahre einer strategischen Partnerschaft zwischen China und Deutschland sind eine Geschichte gemeinsamer Interessen und gemeinsamer Erfolge, über grundlegende Unterschiede hinweg,“ so der ehemalige deutsche Verteidigungsminister.