Im Januar ließ sich das deutsche Unternehmen Beumer Group in Taicang in der Provinz Jiangsu nieder und markierte damit die Ankunft des 500. deutschen Unternehmens in dieser ostchinesischen Stadt.
Bei der Einweihungsfeier in Nordrhein-Westfalen sagte Beumer-Geschäftsführer Rudolf Hausladen, das Unternehmen habe sehr positive Gespräche mit Taicang geführt und die lokale Regierung gehe stets auf ihre Bedürfnisse ein und leiste Unterstützung. „Wir haben große Erwartungen an unsere Entwicklung auf dem chinesischen Markt, der viele Wachstumschancen bietet“, so Hausladen.
Der Bandstahl- und Drahtanbieter Kern-Liebers, eine der ersten deutschen Firmen, die sich in Taicang niederließen, erinnert sich an seinen Einstieg im Jahr 1993 mit einer Investition von 500.000 Deutschen Mark, nur sechs Mitarbeitern und einem 400 Quadratmeter großen Fabrikgebäude. Jetzt besitzt er 70.000 Quadratmeter Fabrikfläche und produziert jährlich im Wert von 1,5 Milliarden Yuan (ca. 207,3 Millionen US-Dollar), was den größten Anteil der globalen Präsenz des Unternehmens ausmacht.
31 Jahre später ist die chinesische „Heimatstadt deutscher Unternehmen“ zunehmend zum Inbegriff der wirtschaftlichen und handelspolitischen Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland geworden. Sie erlebt einen offeneren chinesischen Markt, der die Gewinnanteile der Entwicklung mit der Welt teilt.
Ein aus Duisburg kommender China-Europa-Güterzug bei der Ankunft im internationalen Hafen Xi´an in der nordwestchinesischen Provinz Shaanxi am 10. Juli 2023. (Foto: Xinhua/Zhang Bowen)
Einander die Hände reichen
Ein Bericht des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt, dass die gesamten Direktinvestitionen deutscher Unternehmen in China 2023 einen Rekordwert von 11,9 Milliarden Euro (rund 12,7 Milliarden US-Dollar) erreichten. Das entspricht einer Steigerung von 4,3 Prozent gegenüber 2022 und mehr als zehn Prozent der gesamten deutschen Auslandsinvestitionen, der höchste Stand seit 2014.
Mehr als 5.000 deutsche Unternehmen hätten in China Fuß gefasst und der chinesische Markt sei für sie von großer Bedeutung, sagt Maximilian Butek, Delegierter der deutschen Wirtschaft in Shanghai.
In Taicang ist ein Zehntel aller deutschen Unternehmen in China beheimatet. Ihre Investitionen im Gesamtwert von 6 Milliarden US-Dollar machen fast die Hälfte des gesamten ausländischen Kapitals in der Stadt aus. Hightech-Unternehmen in den Bereichen Autoteile und industriell genutzte Fluggeräte sowie Luft- und Raumfahrt sind die wichtigsten Industriezweige in Taicang.
Die Chiron Group, ein hundert Jahre alter deutscher Werkzeugmaschinenhersteller, hat 2012 in Taicang investiert und sein Vertriebsbüro gegründet und im letzten Jahrzehnt seine gesamte Wertschöpfungskette lokalisiert, von der Produktion über Forschung und Entwicklung bis hin zu Vertrieb und Dienstleistungen. Das Geschäftsvolumen hat sich seitdem vervierfacht.
Die vielfältigen Dienstleistungen und ein unterstützendes Geschäftsumfeld der lokalen Regierung haben ausländischen Unternehmen geholfen, sich in China zu entwickeln, sagt Willi Riester, Chief Technology Officer von Chiron Machine Tool (Taicang) Co., Ltd. „Wir haben großes Vertrauen in China und insbesondere in Taicang, was die Zukunft unseres Geschäfts angeht. Unsere Prognose für 2024 sieht recht stabil aus; wir wollen ein Wachstum von etwa 20 bis 30 Prozent erreichen“, sagt er.
Die durchschnittliche Kapitalrendite ausländischer Unternehmen in China liege bei etwa 9 Prozent, ein weltweit vergleichsweise hoher Wert. Daher sei China weiterhin besonders attraktiv für ausländische Investitionen, sagt Huang Shouhong, Direktor des Forschungsbüros des chinesischen Staatsrats.
Laut seinem neuesten Finanzbericht erzielte der deutsche Sportartikelhersteller Adidas in der Region Greater China 2023 einen Gesamtjahresumsatz von 3,19 Milliarden Euro, ein Plus von 8,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Björn Gulden, CEO von Adidas, ist davon überzeugt, dass China weiterhin eine wichtige strategische Rolle in der künftigen globalen Entwicklung des Unternehmens spielen wird, und merkt an: „Natürlich ist China ein sehr wichtiger Markt für uns, auf dem wir hoffen, zu wachsen, Marktanteile zu gewinnen und erfolgreich zu sein.“
Eine Informationsveranstaltung zur Förderung der chinesisch-deutschen Zusammenarbeit, durchgeführt in München am 25. Januar 2024 von einer Delegation aus Taicang in der ostchinesischen Provinz Jiangsu. (Foto: Ge Chang/Xinhua)
Enge Verbindungen
In diesem Jahr jährt sich die umfassende strategische Partnerschaft zwischen China und Deutschland zum zehnten Mal. Bundeskanzler Scholz absolviert seinen zweiten Besuch in China seit seinem Amtsantritt. Zum Auftakt des dreitägigen Besuchs traf er am Sonntag im südwestchinesischen Chongqing ein.
Das bilaterale Handelsvolumen belief sich 2023 auf 253,1 Milliarden Euro, womit China seine Position als Deutschlands führender Handelspartner im achten Jahr in Folge behauptete.
Europas größte Volkswirtschaft ist seit Jahren auch der wichtigste Handelspartner der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt innerhalb der Europäischen Union. 2002 überholte China Japan und wurde zu Deutschlands größtem Handelspartner in Asien.
Die deutsche Stadt Duisburg, deren Wohlstand einst auf Kohle und Stahl beruhte, hat sich mittlerweile zu einem wichtigen Tor für den Handel mit Asien entwickelt.
Dieses Jahr markiert den zehnten Jahrestag der Eröffnung des China-Europa-Güterzugverkehrs in Duisburg, der als eines der repräsentativsten Projekte der von China vorgeschlagenen „Belt and Road“-Initiative (BRI) nach wie vor ein Eckpfeiler der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und des kulturellen Austauschs zwischen beiden Ländern ist.
Statistiken des chinesischen Generalkonsulats in Düsseldorf zeigen, dass in den vergangenen zehn Jahren 85.000 China-Europa-Güterzüge unterwegs waren, die 219 Städte in 25 europäischen Ländern bedienten. Allein 2023 fuhren insgesamt 382 China-Europa-Güterzüge westwärts nach Duisburg, 117 kehrten ostwärts zurück.
Sören Link, Oberbürgermeister von Duisburg, sagt, die Nachfrage nach Logistik zwischen China und Europa sei immer noch hoch und Duisburg sei bereit, die Beziehungen zu China aufrechtzuerhalten und zu stärken und sich gleichzeitig um eine stärkere Konnektivität zwischen beiden Seiten zu bemühen.
BMWi3-Elektrofahrzeuge, fotografiert bei der Einweihungsfeier des Werks Lydia der BMW Brilliance Automotive (BBA) im Bezirk Tiexi in Shenyang in der nordostchinesischen Provinz Liaoning am 23. Juni 2022. (Foto: Xinhua/Yang Qing)
Glänzende Aussichten
Butek sieht den Besuch von Scholz als Chance für offene und ehrliche Gespräche zwischen Deutschland und China, um den Weg für ein stärkeres gegenseitiges Vertrauen zwischen beiden Seiten zu ebnen. Er sagt, Investitionen deutscher Unternehmen verliehen der chinesischen Wirtschaft Schwung, während Chinas weitere Öffnung es Unternehmen ermöglichen werde, sich an den hochwertigen Bemühungen des Landes zur Ankurbelung der wirtschaftlichen Entwicklung zu beteiligen und davon zu profitieren.
Eine kürzlich von der Deutschen Auslandshandelskammer in China veröffentlichte Umfrage zum Geschäftsklima zeigt Vertrauen in die Chancen der chinesisch-deutschen Wirtschafts- und Handelskooperation. Von den 566 befragten Mitgliedsunternehmen äußerten 91 Prozent ihre Absicht, ihre Geschäftstätigkeit in China fortzusetzen. Mehr als die Hälfte gab an, ihre Investitionen auf dem chinesischen Markt erhöhen zu wollen.
Große deutsche Unternehmen sehen China weiterhin als aufstrebenden Markt und beabsichtigen, ihre Präsenz dort auszubauen, um die Risiken im Zusammenhang mit den zunehmenden Spannungen im globalen Handel abzumildern, sagt Jürgen Matthes, Experte am Institut der deutschen Wirtschaft.
Die Automobilindustrie, insbesondere die Branche der aufstrebenden New Energy Vehicles (NEVs), ist ein Paradebeispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten.
Die BMW Group gab bekannt, dass sie den Ausbau des NEV-Bereichs beschleunigt und seit 2010 rund 105 Milliarden Yuan (14,5 Milliarden US-Dollar) in den nordostchinesischen Standort Shenyang – einen seiner größten Produktionsstandorte und wichtigsten NEV-Zentren weltweit – investiert hat. Mercedes-Benz wiederum gab an, dass seine Pkw-Verkäufe auf dem chinesischen Markt 2023 mehr als 35 Prozent seiner weltweiten Verkäufe ausmachten.
Blick auf Gebäude der Volkswagen (Anhui) Automotive Company Limited in Hefei in der ostchinesischen Provinz Anhui am 20. August 2023. (Foto: Xinhua/Guo Chen)
Am 10. April gab die Volkswagen Group bekannt, dass die Auslieferungen im ersten Quartal 2024 um 3 Prozent auf 2,10 Millionen Fahrzeuge gestiegen sind, wobei China einer der Hauptwachstumstreiber ist. Die Auslieferungen von NEVs des Konzerns auf dem chinesischen Markt sind im Vergleich zum Vorjahr um 91,2 Prozent gestiegen.
Später gab die Volkswagen Group China eine Investition von 2,5 Milliarden Euro für die Erweiterung ihres Innovationszentrums in der ostchinesischen Stadt Hefei bekannt, um das Innovationstempo in China und die Produktion ihrer neuen NEVs zu beschleunigen.
In einem Interview mit Xinhua im vergangenen Jahr sagte Oliver Blume, CEO der Volkswagen Group, die Zusammenarbeit mit China stärke das weltweite Geschäft von Volkswagen und „macht das Unternehmen noch stärker“.