von ZHENG Chunrong
Vom 14. bis zum 16. April reiste Bundeskanzler Olaf Scholz offiziell nach China. Auf seinem Programm in Chongqing, Shanghai und Beijing standen hochrangige Gespräche, Besuche von Unternehmen und Dialoge mit Studenten bzw. politische, wirtschaftliche und gesellschaftlich-kulturelle Themen, die den umfassenden Charakter der chinesisch-deutschen Beziehungen verdeutlichen. Bei genauer Betrachtung des Besuchsprogramms von Scholz war zweifellos das Thema Wirtschaft und Handel von größter Bedeutung. Der Besuch von Scholz hat die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen China und Deutschland gestärkt und damit nicht nur der Entwicklung der chinesisch-deutschen Beziehungen, sondern auch der Entwicklung der chinesisch-europäischen Beziehungen und sogar der Wiederbelebung der Weltwirtschaft mehr Sicherheit und neuen Schwung verliehen.
Erstens wurde die politische Vertrauensbasis der chinesisch-deutschen Wirtschafts- und Handelskooperation gefestigt. In jüngster Zeit wurde in Deutschland und Europa der Ruf nach einer Distanzierung vom chinesischen Markt immer lauter. Dieses „De-Risking“-Rauschen ist im Wesentlichen auf die Erosion des politischen Vertrauens zurückzuführen. Vor diesem Hintergrund signalisiert der Besuch von Bundeskanzler Scholz in China in Begleitung von einer großen Wirtschaftsdelegation die Bereitschaft zur Konsolidierung und Stärkung der wirtschaftlichen und handelspolitischen Zusammenarbeit mit China, hinter der die Bemühungen beider Seiten stehen, das gegenseitige politische Vertrauen wieder zu stärken. Während des Treffens zwischen Staatspräsident Xi Jinping und Bundeskanzler Scholz in Beijing erzielten beide Seiten auch einen Konsens zu Themen wie dem Ukraine-Konflikt und dem palästinensisch-israelischen Konflikt. Der verstärkte Meinungsaustausch und die Koordinierung der Standpunkte beider Seiten zu internationalen und regionalen Fragen werden ebenfalls dazu beitragen, das gegenseitige politische Vertrauen zwischen beiden Seiten weiter zu stärken.
Zweitens wurden die traditionellen Bereiche der Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland aufgewertet. Im Jahr 2023 war China im achten Jahr in Folge Deutschlands wichtigster Handelspartner und Deutschland ist der größte Handelspartner Chinas in der EU. Die traditionellen Bereiche des bilateralen Handels und der bilateralen Investitionen sind die Automobilindustrie, der Maschinenbau, die chemische Industrie, die Elektronik, die Medizin und das Gesundheitswesen. Da sich beide Seiten in diesen Bereichen auf unterschiedlichen Ebenen der Wertschöpfungskette befinden, haben sie seit langem ein komplementäres Muster der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen gebildet. Der Wettbewerb zwischen China und Deutschland hat in den letzten Jahren zugenommen, da das Qualitätsniveau der chinesischen Produktion in diesen Branchen gestiegen ist. Dies hat jedoch nichts daran geändert, dass die Interessen der chinesisch-deutschen Wirtschafts- und Handelskooperation miteinander verwoben und eingebettet sind. Darüber hinaus verfügt der chinesische Markt über ein großes Potenzial, das viel Raum für einen gesunden Wettbewerb zwischen lokalen und deutschen Unternehmen bietet. Der Besuch von Scholz, der von Führungskräften von Mercedes-Benz, BMW, Bosch, BASF, Bayer und anderen deutschen Unternehmen, die stark im chinesischen Markt engagiert sind, begleitet wurde, unterstreicht das Vertrauen dieser Unternehmen in die wirtschaftliche Entwicklung und die zunehmende Offenheit Chinas und die Chancen auf dem chinesischen Markt. Darüber hinaus haben alle oben genannten Unternehmen in den letzten Jahren ihre Investitionen in China erhöht, um die Produktion vor Ort zu verstärken, einschließlich der Verlagerung ihrer Forschungs- und Entwicklungsstandorte nach China, in der Hoffnung, die Stärken Chinas in Bereichen wie der Digitalisierung zu nutzen, um ihr eigenes Innovationstempo und ihre Kernwettbewerbsfähigkeit zu beschleunigen und den Marktanteil ihrer eigenen Produkte sowohl in China als auch auf dem Weltmarkt weiter auszubauen.
Drittens wurden neue Wachstumspunkte für die chinesisch-deutsche Zusammenarbeit erschlossen. Digitalisierung, künstliche Intelligenz und grüne Transformation sind nicht nur Trends in der Weltwirtschaft und der Industrie, sondern auch vorrangige strategische Entwicklungsrichtungen, die von China und Deutschland festgelegt wurden. Beide Länder loten ständig die Möglichkeiten der Zusammenarbeit in diesen neuen Bereichen aus. Die Ankündigung der Einrichtung eines Dialog- und Kooperationsmechanismus zum Klimawandel und zur grünen Transformation während der siebenten chinesisch-deutschen Regierungskonsultationen im Juni 2023 in Berlin ist Ausdruck des Willens beider Seiten, die Zusammenarbeit in aufstrebenden Bereichen wie dem grünen Bereich zu stärken. Diesmal besuchte Scholz auch deutsche Unternehmen, die in China in die Produktion in den Bereichen neue Materialien und neue Energien investiert haben, um sich über deren Entwicklung auf dem chinesischen Markt zu informieren. Die Tatsache, dass Umwelt-, Verkehrs- und Landwirtschaftsminister Scholz bei seinem Besuch in China begleiteten, unterstreicht nicht nur die Bedeutung, die die Bundesregierung der Zusammenarbeit mit China beimisst, sondern verdeutlicht auch die Bereitschaft Deutschlands, mit China in den Bereichen neue Energien, künstliche Intelligenz, intelligentes Fahren, nachhaltige Entwicklung und anderen Bereichen zusammenzuarbeiten, gemeinsam neue Wachstumspunkte in der bilateralen Zusammenarbeit zu erschließen und die Entwicklung der grünen Transformation beider Volkswirtschaften zu unterstützen.
Im Jahr 2024 jährt sich die Etablierung der umfassenden strategischen Partnerschaft zwischen China und Deutschland zum zehnten Mal. Der außerordentlich lange und umfangreiche Besuch von Scholz in China wird zweifellos von großer Bedeutung für die Ausrichtung der chinesisch-deutschen Beziehungen in der kommenden Zeit sein. Deutschland ist gegen eine „Abkopplung“ von China, sondern strebt „De-Risking“ an. In der Tat können China und Deutschland nur durch einen verstärkten Dialog und eine intensivere Kommunikation ihre jeweiligen Absichten besser verstehen, gemeinsam potenzielle Kooperationsbedürfnisse ausloten und mögliche Risiken gemeinsam besser bewältigen. Der Besuch von Scholz zeigt, dass „nicht alle Eier in einen Korb werfen“ nicht bedeutet, keine normale Wirtschafts- und Handelszusammenarbeit mit China zu betreiben. Mit anderen Worten, es besteht kein Widerspruch zwischen der Teilhabe an den Chancen der kontinuierlichen Marktöffnung Chinas und der Erschließung neuer Märkte für Handel und Investitionen.
Die handelsprotektionistischen Maßnahmen sind nicht die richtige Lösung, um dem Wettbewerb von außen zu begegnen. Die deutschen Automobilunternehmen sind ein gutes Beispiel dafür. Auf der Grundlage des Konzepts der sozialen Marktwirtschaft sollte der Wettbewerb von außen ein Anreiz sein, eigene Forschung und Entwicklung zu verstärken, die Innovation zu beschleunigen und die Produktionskosten zu senken, anstatt zu versuchen, eine hohe Mauer zu errichten, um den Eintritt externer hochwertiger Produktionskapazitäten zu blockieren, was das eigene Innovationspotenzial nur weiter schwächen wird, während die eigenen Verbraucher nicht in der Lage sein werden, preiswerte und hochwertige Produkte zu erhalten. Scholz machte bei seinem Austausch mit Studenten der Tongji-Universität auch deutlich, dass deutsche Unternehmen keine Angst vor der Konkurrenz haben – im Gegenteil, Deutschland begrüßt chinesische Autos.
Der Besuch von Scholz in China, insbesondere bei deutschen Unternehmen aus aufstrebenden Branchen, die auf dem chinesischen Markt erfolgreich sind, zeigt, wenn China und Deutschland in den traditionellen Bereichen stärker miteinander konkurrieren, soll und kann diese Konkurrenz durch eine Änderung des Kooperationsmodus, die Erschließung neuer Wachstumspunkte der Zusammenarbeit und die Erschließung neuer Märkte gelöst werden, denn nur so kann eine „Lose-lose-Situation“ vermieden werden, die durch Nicht-Kooperation entsteht. In diesem Sinne hat Scholz' Besuch nicht nur die wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland gestärkt, sondern er lieferte auch nützliche Erkenntnisse für einen rationalen Umgang mit dem Wettbewerb zwischen den Ländern in Wirtschaft und Handel sowie in anderen Bereichen in einer Zeit, in der der Globalisierungsprozess auf Herausforderungen stößt.
Prof. ZHENG Chunrong ist Direktor am Deutschlandforschungszentrum (DFZ) der Tongji-Universität. Die Meinung des Autors spiegelt die Position unserer Webseite nicht notwendigerweise wider.