Ein reisförmiges Stärkeprodukt, das mit Hilfe einer neuen Verarbeitungstechnologie aus Kartoffeln hergestellt wird, befindet sich in der südwestchinesischen Provinz Yunnan in den ersten Produktions- und Verkaufstests.
Die Produktionslinie wurde im November in Betrieb genommen und läuft seit etwa einem Monat reibungslos. Das neue Produkt hat das Potenzial, Kartoffeln, die zwar gute Erträge und eine große Anpassungsfähigkeit, aber eine kurze Lagerfähigkeit aufweisen, zu einem beliebten Grundnahrungsmittel in China zu machen und so zur Ernährungssicherheit des Landes beizutragen.
Neugestaltung der Stärkekette
Aus Kartoffeln hergestellte Reisprodukte werden am 18. November 2024 im Kreis Qiaojia der Stadt Zhaotong in der südwestchinesischen Provinz Yunnan gezeigt. (Zhang Shunfu/Xinhua)
Die Produktionsanlage im Kreis Qiaojia in der Stadt Zhaotong in der Provinz Yunnan ist die jüngste Errungenschaft des Polymerphysik-Chemikers Wu Qi, einem Akademiemitglied der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. Zusammen mit seinem Team baute er die Anlage und nahm sie nach mehr als fünf Jahren Forschung und Entwicklung in Betrieb.
Das Forschungsteam konzentrierte sich auf die Extrusions-Rekombinationstechnologie von pflanzlichen Polysacchariden und Protein-Verbundsystemen.
Stärke ist die wichtigste Substanz, die von Pflanzen zur Energiespeicherung verwendet wird, und besteht aus langen Ketten von miteinander verbundenen Zuckermolekülen. Die Ketten der Stärkemakromoleküle haben zwei Hauptformen: die lineare Amylose und das verzweigte Amylopektin.
Auf den Esstischen der Welt stehen verschiedene stärkehaltige Lebensmittel wie Reis, Weizen, Kartoffeln und Mais. Die meisten Chinesen sehen Kartoffeln jedoch nicht als Grundnahrungsmittel wie Reis und Weizen an, sondern betrachten sie eher als Gemüse.
Die neue Verarbeitungstechnologie verändert die Eigenschaften der Kartoffelstärkemakromoleküle auf physikalischer Ebene, um die Stärkekette neu zu gestalten. Sie integriert die Theorie der makromolekularen Physik, die Verarbeitung von Lebensmittelmakromolekülen sowie Polymerextrusions- und Granuliertechnologien.
Der Agrarwissenschaftler und Leiter eines regionalen landwirtschaftlichen Dienstleistungszentrums Deng Yong erklärte, dass Kartoffelstärke etwas mehr verzweigte Ketten als Reisstärke enthalten würde, was zur unterschiedlichen Beschaffenheit der Lebensmittel führe. Die Änderung der Konfiguration der Kartoffelstärkeketten führe dazu, dass es nicht so weich und daher für die Verbraucher appetitlicher ist. Außerdem sei es besser zu lagern und sei länger haltbar.
Der kartoffelveredelte Reis werde bei hoher Temperatur und hohem Druck verarbeitet, so dass der Reis nicht gewaschen und eingeweicht werden müsse. Er könne in einem gewöhnlichen Reiskocher genau wie echter Reis gekocht werden. Weiter seien die erforderliche Wassermenge und Kochzeit weitaus geringer, fügte er hinzu.
Potenzial für Industrie
Aus Kartoffeln hergestellte Reisprodukte werden am 18. November 2024 im Kreis Qiaojia der Stadt Zhaotong in der südwestchinesischen Provinz Yunnan gezeigt. (Zhang Shunfu/Xinhua)
Die Gebirgsstadt Zhaotong ist eines der wichtigsten Kartoffelanbaugebiete in Yunnan. Dort herrschen ein Klima und eine Umwelt, die den Anden in Südamerika sehr ähnlich sind – der Ort, wo die Kartoffel ursprünglich herkommt. Die Stadt wurde vom Weltkartoffelkongress im Jahr 2020 zur „Kartoffelhauptstadt der Welt“ ernannt.
Zhaotong verfügt derzeit über eine Kartoffelanbaufläche von etwa 158.000 Hektar mit einem Ertrag von 3,5 Millionen Tonnen und einem Gesamtproduktionswert von etwa zehn Milliarden Yuan.
Nach Angaben von Li Yulin, dem Geschäftsführer des Unternehmens, das die Produktionslinie betreibt, zeige die vorläufige Schätzung, dass 2,5 Tonnen Kartoffeln zu einer Tonne Kartoffel-Reis verarbeitet werden könnten, wobei der Produktionswert um mehr als das Zehnfache steigen würde.
Es wird erwartet, dass die Produktionslinie etwa 2.500 Tonnen Frischkartoffeln pro Jahr verarbeitet und 1.000 Tonnen Kartoffel-Reis produziert, was einem Produktionswert von etwa 30 Millionen Yuan entspricht.
Deng sagte, dass die Verarbeitungstechnologie den Kartoffelanbau in Berggebieten sowie den Anbau und die Verarbeitung anderer Feldfrüchte fördern und die industrielle Kette der Berglandwirtschaft vervollständigen werde.
Darüber hinaus könnten Kartoffeln in den meisten Teilen des Landes angepflanzt werden, während die Verarbeitungstechnologie ein großes Potenzial für die Armutsbekämpfung durch wissenschaftlich-technische Fortschritte habe.
Die erste Charge der Produkte wurde bereits probeweise auf dem lokalen Markt verkauft, und die Rückmeldungen zeigen, dass Menschen mittleren Alters und ältere Menschen Interesse haben.
Lebensmittelsicherheit
Ein Angestellter arbeitet am 18. November 2024 im Kreis Qiaojia der Stadt Zhaotong in der südwestchinesischen Provinz Yunnan an einer Produktionslinie für aus Kartoffeln hergestellten Reis. (Zhang Shunfu/Xinhua)
Laut Wu Qi, dem leitenden Wissenschaftler des Entwicklungsteams, basiert die Ernährungssicherheit auf drei wichtigen Faktoren: der Anbaufläche, dem Ertrag pro Flächeneinheit und den strategischen Reserven. Der aus Kartoffeln hergestellte Reis habe in diesen drei Bereichen viele Vorteile und könne daher zur Ernährungssicherheit des Landes beitragen.
Verglichen mit dem durchschnittlichen Ertrag von zwölf Tonnen pro Hektar bei Reis kann der Kartoffelertrag über 30 Tonnen pro Hektar erreichen.
Nach der Verarbeitung kann der aus Kartoffeln gewonnene Reis bei Raumtemperatur kostengünstig und lange gelagert werden, ohne dass eine Belüftung oder Temperatur- und Feuchtigkeitskontrolle erforderlich ist. Dies steht im Gegensatz zu frischen Kartoffeln, welche eine kurze Haltbarkeit und hohe Lagerkosten haben.
Bereits im Jahr 2016 kündigte das chinesische Landwirtschaftsministerium an, dass die Kartoffel als Grundnahrungsmittel für die Industrialisierung gefördert werden soll.
In den letzten Jahren wurde die Kartoffelanbaufläche in China auf etwa 4,67 Millionen Hektar gehalten. Mit einer jährlichen Produktion von fast 90 Millionen Tonnen steht die Produktion seit vielen Jahren weltweit an erster Stelle.
Offizielle Daten zeigen, dass Chinas kumulative Getreideimporte im Jahr 2023 161,96 Millionen Tonnen betrugen, während die Gesamtgetreideproduktion im selben Jahr auf 695,41 Millionen Tonnen kam.
Auf der jährlichen Zentralen Wirtschaftskonferenz, die letzte Woche stattfand, beschloss die chinesische Führung, dass sich die Bemühungen auf Bereiche wie die stabile Produktion und Versorgung mit Getreide und anderen wichtigen landwirtschaftlichen Produkten sowie die Förderung der Agrarindustrie entsprechend den lokalen Bedingungen konzentrieren sollten. Ziel ist es, die Einkommen der Landwirte zu erhöhen.